Maskenpflicht
Bereits zu Beginn stellte der Bürgermeister einige
Stadträte vor eine unlösbare Aufgabe: Alle Tische sind so platziert, dass
Mindestabstände eingehalten werden. Deshalb besteht am Einzeltisch keine
Maskenpflicht für die Stadträte. Für Wortmeldungen und den Weg zu den
platzierten Standmikrofonen bitte zwingend die Maske tragen – zum Sprechen an
den Mikrofonen reicht der Sicherheitsabstand wiederum aus, deshalb bitte am
Mikrofon die Masken abnehmen um deutlicher hörbar zu sein … Gesagt getan,
machte sich fortan jeder aufgerufene Stadtrat auf den Weg zum Mikrofon,
bastelte erst währenddessen - mehr oder weniger geschickt - seine Maske ins Gesicht
um dann spätestens am Mikrofon stehend fertig bekleidet zu sein. Die Ansprache
erfolgte dann mit Maske – die Folge waren unverständliche Wortbeiträge.
Die erste Wahl
Erstes Highlight war die Wahl des zweiten und dritten
Bürgermeisters. Damit meine ich aber keinesfalls den Ausgang der Wahl. Bereits vorher
war klar, dass in den geheimen Zimmern im Rathaus die Mehrheitsverhältnisse besprochen
waren. Wir sind nur leider die einzige Gruppierung die man dabei vergessen
hatte ins Boot zu holen. „Sind ja nur zwei Stimmen, daher egal“ - könnte mutmaßlich die Meinung gewesen sein.
Als ich dann meinen Wortbeitrag zu diesem Thema vorbrachte, sozusagen
die Chronologie der Vorberatungen die ein jähes Ende mit einer Absage wenige
Stunden vor dem finalen Termin mit dem Thema „Personalentscheidungen“ gefunden
hatten, griff der Bürgermeister mit zorniger Stimme ein: „Ich leite hier die
Sitzung, kommt jetzt noch ein Vorschlag“. Der Vorschlag war natürlich
inhaltlich egal, denn entschieden war diese Wahl – wie so oft Stadtrat -
bereits vor der Sitzung.
Für die Zukunft wünsche ich mir im Sinne unserer Stadt, dass sich die
drei Bürgermeister ergänzen, Stärken und Schwächen einzelner egalisieren und
auch kritisch miteinander um die besten Lösungen ringen. Bewiesenermaßen sorgt
eine in sich homogene Wohlfühloase ohne kontroverse Diskussion nicht zur Erweiterung
des Lösungsspektrums und damit für die bestmögliche Entscheidung für unsere
Stadt. Speziell im Umgang mit (Führungs-)Kräften der Verwaltung sollte auch künftig ein produktives Klima hergestellt werden. Glaubt man dem Buschfunk, kommt es hier immer wieder zu Konflikten - aber dazu kann ich noch keine verlässliche Aussage treffen.
Alle Schäfchen bleiben brav...
Bei den Referentenposten ergab sich das selbe Bild: Die
Vorschläge wurden durch den Bürgermeister finalisiert, statt sie in gemeinsamer
Runde zu diskutieren. Während der Sitzung gibt es dazu keinerlei
Handlungsmöglichkeit mehr. Es sei aber wiederholt, dass laut Ältestenrat die
Referenten „überparteilich“ also neutral zu handeln haben. Jedoch trifft dies
wohl nicht auf die Verteilung zu. Von vier Vorschlägen unsererseits fanden sich
im Entwurf des Bürgermeisters genau NULL Posten. Er habe mit allen Fraktionen
und Gruppen über die Personalien gesprochen, hieß es in der Terminabsage.
Leider nicht mit uns. Wir hatten uns für eine Besetzung der Referentenstellen
über Eignung und gegenseitige Ergänzung stark gemacht. Tatsächlich werden die
Rollen aber nach Fraktionsclustern vergeben. So konnte mein Kollege Markus Brem
nicht im Bereich Verkehr & Landwirtschaft oder Stadtwerke
(Netzgesellschaften) unterkommen. Wir haben uns entschieden die Reste – Posten
die kein anderer will – anzunehmen. Aus Verantwortungsbewusstsein und Respekt
vor den Mandaten.
Das lustigste ist, dass das allseits beliebte Resort
„Öffentliches Leben“ von zwei Stadträten mit viel Erfahrung und sogar über 130
Lebensjahren besetzt wird. Ich weiß zwar nicht wo sich die beiden ergänzen,
aber die Biermarken bekommen sie mit Sicherheit los 😉
Ich bin gespannt, welche Innovationen die beiden auf den Weg bringen. Immerhin
brauchen wir ja erstmal ein neues Konzept für die Kirchweih ohne Festplatz.
Fraktionen vor persönlicher Eignung
Bei den Vertretungsposten in den Beteiligungen der Stadt Gersthofen
fand unser Ansatz „geeignete Personen“ vor „Fraktionsdenke“ leider auch keinen
Zuspruch. Laut Bürgermeister sollen diese Posten entsprechend der Anzahl der
Fraktionen aufgeteilt werden. „So sei das schon immer gedacht gewesen“. Lustig
nur, dass man ja vorher garnie weiß wie viele Fraktionen es in einer Amtsperiode
gibt. Würden sich also zum Beispiel die Grünen nicht hinter der SPD verstecken, sondern ihre
drei Mandate nutzen die zu einer eigenen Fraktion berechtigen, würde sich diese
Argumentation in Luft auflösen.
Appell an die Zukunft
Zum Ende einer gut getakteten Sitzung, in der ich
zugegeben bewusst und ungeschönt einen progressiven Start hingelegt habe, war
mir aber wichtig einen Appell an die Räte dieser Amtsperiode auszusprechen:
Die erfahrenen Räte sollen zwingend ihre Erfahrung
einbringen, die aus meiner Sicht in der Politik immer für eine gewisse Ruhe und
Gelassenheit auch in schwierigen Zeiten sorgt. Es ist aber notwendig unsere Demokratie
und Stadtpolitik weiter zu entwickeln und auch offen für Neues zu sein. „Hammer
schon immer so gemacht“ und „Ich erinnere mich noch an die Amtszeit Deffner“ dürfen
nicht weiter pauschal gelten. Es braucht immer eine Abwägung unter heutigen
Gesichtspunkten. Auch alte Parteisysteme, bei denen eine kleine Zahl an großen
Volksparteien den Ton angeben, sind aktuell nichtmehr gefragt. Vielmehr muss es
doch in einem überschaubaren Stadtrat aus 30+1 Personen darum gehen, Einzelmeinungen
zuzulassen und über Fraktions-/ Gruppengrenzen hinweg offen und sachorientiert
zu diskutieren.
Deshalb ist der Appell an alle neuen Stadträte sich
lautstark einzubringen. Wir haben keine Zeit uns „erstmal hinten an zu stellen“.
Es ist an uns als unvoreingenommene Neulinge, Impulse zu geben und eine Weiterentwicklung
der Art und Weise der Politik voran zu bringen. Wir müssen sicher von erfahrenen
Stadträten lernen. Aber eine Kopie der „Alten“ hat der Wähler sicher nicht gewollt
indem er uns sein Vertrauen ausgesprochen hat.
Ausblick
Es zeichnet sich doch im Stadtrat ab, dass es keine Extremmeinungen
der Außengrenzen Rechts oder Links geben wird. Grob besteht bei einer Vielzahl
von Themen eine Einheit bei der Zielsetzung. Bleibt nur die Frage des Weges. „Der
Weg ist das Ziel“, heißt es so schön.
Ich bin in einer politisch aufgeschlossenen Familie
aufgewachsen. Seit ich denken kann, kenne ich die Diskussion um die Vormacht
der CSU. Das „Deffner Trauma“ der anderen Parteien ist immernoch allgegenwärtig. Die absolute
Mehrheit über viele Jahre, in der Meinungen anderer Gruppierungen im Stadtrat
ungehört blieben, ist bei einigen Räten stets Teil der Diskussion. Wohlwissend,
dass die Ära Deffner der maßgebliche Grund für unseren heutigen Wohlstand ist. Nun, da eine
bunte Mehrheit von Räten unseren parteifreien Bürgermeister proaktiv unterstützt, gilt es nicht die selben Fehler zu machen und die Vergangenheit zu
vergelten. In der Jetzt-Zeit sind überfraktionelle Zusammenarbeit, der Wert
jedes einzelnen Mandates und Sachorientierung die richtige Lösung. „Jetzt sind
wir endlich dran“ oder "Wie du mir so ich Dir" halte ich für eine falsche Herangehensweise.
Und so stehe ich in den kommenden Jahren für eine
überparteiliche, sachorientierte und von offener Diskussion geprägte Politik. Eingeschränkte
Meinungsbildung und Stimmungsmache in Hinterzimmern lehne ich genauso wie
Machtspiele durch Informationsvorbehalt ab.
Gehen wir es gemeinsam und für Gersthofen an, mit der
nötigen Demut vor dem Amt, der Verantwortung gegenüber der Stadt und den
Bürgern sowie dem Mut neue Wege zu gehen!
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